Mirjam Berle herself

Turbulente Zeiten bringen mich zu Höchstleistungen. Sie sind mein Element. Egal, ob eiskalte oder kochende Gewässer, wo sich etwas bewegt oder schmilzt, lässt es sich neu formen. Dann ergeben sich Chancen, Dinge zu verbessern und schneller voranzukommen.

Über die Autorin
21. Dezember 2025
Lesezeit: 6 Minuten

Wenn Veränderung nicht endet: Abschluss neu denken

Inhalt:

Warum Führung im Dauerwandel neue Formen von Abschluss braucht

Veränderung ist kein Ausnahmezustand mehr. In vielen Organisationen ist sie zum Normalmodus geworden. Transformation folgt auf Transformation, Prioritäten verschieben sich, Rahmenbedingungen verändern sich schneller, als sie sich stabilisieren können. Kaum ist ein Projekt operativ aufgesetzt, beginnt bereits die nächste Anpassung.

Besonders herausfordernd für Führungskräfte: Es gibt fast immer etwas, das noch nicht ganz fertig ist, obwohl wir und unsere Teams gern endlich fertig wären.

Was dabei oft unausgesprochen bleibt, ist die innere Spannung, die daraus entsteht. Einerseits ist klar, dass Wandel nicht aufhört. Andererseits bleibt der menschliche Wunsch nach Abschluss bestehen – nach dem Gefühl, etwas wirklich hinter sich lassen zu können. Nach einem Punkt, an dem Aufmerksamkeit frei wird. Diese Spannung ist widersprüchlich und genau darin so ermüdend. Rational wissen wir, dass Veränderung nicht endet. Gleichzeitig hoffen wir, dass es irgendwann aufhört. Dieser Wunsch ist nicht naiv. Er ist menschlich.

Wo Wandel nie endet, zeigt sich ein blinder Fleck im System. Dort, wo es keine Klarheit dazu gibt, wann etwas als abgeschlossen gelten darf. Die einzelne Führungskraft trifft findet sich konfrontiert mit der daraus entstehenden Ambivalenz: Sie weiß, dass Wandel nicht endet und wünscht sich dennoch für sich und fürs Team den Moment, an dem etwas wirklich erledigt ist. Diese Spannung lässt sich nicht auflösen. Aber sie lässt sich bewusster gestalten.

Wenn Wandel nicht mehr endet

In klassischen Organisationslogiken folgte auf Veränderung eine Phase der Stabilisierung. Projekte hatten einen Anfang und ein Ende, Entscheidungen markierten Übergänge, nach denen sich Neues setzen konnte. Diese Logik trägt heute nur noch begrenzt.

Agile Arbeitsweisen, iterative Prozesse und permanente Anpassung sind notwendige Antworten auf Komplexität. Sie ermöglichen kontinuierliche Verbesserung, Lernen und Reaktionsfähigkeit. Gleichzeitig verschieben sie jedoch unmerklich die Bedeutung von Abschluss. Das ist funktional sinnvoll – psychologisch jedoch anspruchsvoll.

Denn Menschen orientieren sich nicht nur an Prozessen, sondern auch an individuell empfundenen Markierungen. An dem Gefühl, etwas abschließen und hinter sich lassen zu können. Fällt diese Markierung weg, entsteht leicht der Eindruck, es höre nie auf. Ermüdung, schlimmstenfalls Dauerstress sind die Folge. Viele Führungskräfte beschreiben genau das: ein permanentes Hinterherlaufen, gedankliche Restschleifen, ein Gefühl von Unfertigkeit – obwohl objektiv viel geleistet wurde.

Der Wunsch nach dem großen Abschluss, „Jetzt sind wir endgüldigt fertig“, ist in dieser Zeit verständlich. Er ist nur selten erfüllbar.

Der Abschied von finalen Endpunkten

Im Dauerwandel gibt es kaum noch finale Endpunkte. Entscheidungen entwickeln sich weiter, Strategien werden nachjustiert, Projekte verändern ihren Zuschnitt. Führungskräfte können den Wunsch nach einem umfassenden „Jetzt ist es erledigt“ weder für sich noch für ihre Organisation einlösen.

Problematisch wird es dort, wo diese Realität nicht anerkannt wird. Wo unausgesprochen weiterhin erwartet wird, dass irgendwann Ruhe einkehrt. Genau diese Erwartung erzeugt Frustration.

Führung wird dann an einem Maßstab gemessen, der strukturell nicht mehr erreichbar ist. Das erzeugt das Gefühl, nie fertig zu werden – unabhängig davon, wie viel Verantwortung übernommen oder wie viel bewegt wurde.

An diesem Punkt braucht es eine Verschiebung im Denken:
weg vom Anspruch des Fertigseins – hin zur Fähigkeit des Fertigwerdens.

Fertigwerden bedeutet, dass ein Abschnitt innerlich abgeschlossen werden kann, obwohl der größere Zusammenhang weiterläuft.

Orientierung im Unfertigen: der Gestalt Circle of Awareness

Damit dieses Fertigwerden nicht abstrakt bleibt, braucht es eine Orientierung. Eine Struktur, die nicht vorgibt, was richtig ist, sondern sichtbar macht, wo ein innerer Abschluss ausbleibt und an welcher Stelle er möglich wird.

Hier wird der Gestalt Circle of Awareness als Bewusstmachungsrahmen relevant. Er beschreibt in 7 aufeinanderfolgende Phasen, wie wir als Menschen Dinge anfange und wieder abschließen. Ich finde, er bietet damit einen hilfreichen Rahmen für Führung, weil er bewusst macht, wo wir innerlich im Gefühl des Unfertigen hängenbleiben, obwohl operativ bereits vieles abgeschlossen ist. Daher habe ich mich an das Gedankenspiel gewagt, wie er sich anwenden lässt, um im Unfertigen, das Fertige besser wahrnehmen und benennen zu können:

1. Sensation – wenn etwas innerlich nicht zur Ruhe kommt

Oft beginnt es mit einem diffusen kaum wahrnehmbaren inneren Signal, das sich eher unterbewuss bemerkbar macht. Wir möglicherweise, dass wir gedanklich an etwas hängen bleiben, obwohl es formal erledigt ist. Eine Mail wird innerlich noch einmal nachformuliert, ein Ergebnis erneut überprüft, eine Entscheidung gedanklich abgesichert.
Dieses Unbehagen ist ein Hinweis auf einen eventuell noch offenen Zyklus und es lohnt sich genauer hinzuschauen.

2. Awareness – was ist hier wirklich noch offen?

Im nächsten Schritt geht es darum, dieses diffuse Gefühl zu konkretisieren. Häufig zeigt sich, dass nicht das Ergebnis fehlt, sondern etwas anderes: eine unklare Verantwortung, eine nicht explizit ausgesprochene Entscheidung oder eine innere Zustimmung, die noch aussteht.
Solange nicht benennbar ist, was genau offen ist, bleibt der Abschnitt innerlich unfertig und wir können eine Sache weder gedanklich noch emotional abschließen. 

3. Mobilization – was braucht es für einen echten Abschluss?

Mobilisierung bedeutet hier nicht, mehr zu tun, sondern sich klar zu machen, was bereits getan und erledigt ist. Oft reicht, eine Entscheidung ausdrücklich bestätigen oder bewusst festzulegen, dass eine Aufgabe vor dem Hintergrund geänderter Rahmenbedingungen nicht weiter verfolgt wird. 

4. Action – den Abschluss sichtbar machen

Ein Abschluss wirkt nur, wenn er im System erkennbar wird. Das kann unser eigenes Bewusstsein sein oder die Organisation für die dieser Abschluss ebenfalls erkennbar sein muss. Eine kurze Abschlussmail, eine klare Ansage im Meeting oder ein Übergabegespräch, in dem vermittelt und eingeordnet wird, weshalb etwas abgeschlossen oder eben nicht weiterverfolgt wird. Nur weil wir etwas verstanden haben, heißt das noch lange nicht, dass es auch so empfunden wird – weder für uns noch für andere.
Was ausschließlich implizit passiert, bindet Aufmerksamkeit weiter, wenn es nicht explizit gemacht wird.

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5. Contact – Reaktionen wahrnehmen, ohne sofort einzugreifen

Nachdem der Abschluss explizit gemacht wurde, zeigt sich, wie das Umfeld reagiert. Entsteht Erleichterung, Widerstand oder Verunsicherung? Contact heißt, diese Reaktionen wahrzunehmen, ohne sie reflexhaft zu korrigieren. Nicht jede Irritation ist ein Zeichen dafür, dass der Abschluss falsch war. Manchmal braucht es nur ein bisschen Zeit, die Information zu verdauen.

6. Withdrawal – sich bewusst lösen

Für das Gefühl des „Fertig seins“ ist dieser Schritt der wichtigste. Hier beginnt der eigentliche Abschluss. Was wir nur abschließen, ohne es auch tatsächlich loszulassen, schleppen wir weiter mit uns herum. Unterbewusst ist es noch nicht fertig und belastet weiter. Für die Führung ist es daher wichtig, sich beispielsweise gezielt aus diesem Teilprojekt zurückzuziehen, wenn er abgeschlossen ist. Einerseits ermöglicht dies das eigene Loslösen, andererseits ist es auch ein starkes Signal in die Organisation. Ausschlaggebend ist hier, dass dieser Schritt auch kommunikativ sauber eingeordnet wird, damit der richtige Eindruck bleibt.  

7. Completion – innerlich frei werden

Completion zeigt sich nicht nur daran, dass Aufmerksamkeit wieder verfügbar wird – sondern vor allem daran, dass sie nicht mehr unbewusst an das Vergangene gebunden ist. An diesem Punkt ist ein Thema fertig UND abgeschlossen im Sinne von losgelassen. Dies kann auch für einen Teilabschnitt gelten, wenngleich der Weg zum übergreifenden Ziel weiterläuft. 

Gerade unter Bedingungen dauerhaften Wandels wird so sichtbar:
Abschluss bedeutet heute eine bewusste Markierung von Fertigwerden durch einen Zwischenabschluss. Menschen können nur begrenzt mit dauerhaft offenen Themen umgehen. Sie empfinden diesen Zustand als stressig und belastend, weil Unabgeschlossenes innerlich aktiv bleibt und Aufmerksamkeit bindet.

Kleine Abschlüsse mit großer Wirkung

Ohne solche bewusste Markierungen des Abschließens entsteht das Gefühl, nie fertig zu werden – selbst dann, wenn objektiv viel geschafft wurde. 

Diese bewussten Zwischenabschlüsse wirken oft unspektakulär, jedoch ist die Wirkung erheblich. Eine To-do-Liste, die gemeinsam durchgegangen wird. Ein Besprechen im Team: Das haben wir bereits erledigt. Aktivitäten wie diese ermöglichen das Gefühl von Befriedigung, machen Aufmerksamkeit wieder verfügbar und schaffen Raum für Neues.

Ausrichtung nach dem Abschluss: Die C.O.L.D.-Water-Methode als strategischer Rahmen

Wenn ein bewusster Zwischenabschluss gelingt – innerlich wie operativ – entsteht nicht nur Ruhe, sondern auch Raum: für neue Klarheit, neue Ausrichtung und bewusstes Weitergehen. 

Sie dient dabei einerseits als wertvolles Reflexionsinstrument und andererseits als strategischer Rahmen, um Fertigwerden und Weitergehen miteinander zu verbinden.

  1. Consequence schafft Orientierung im Rückblick:
    Was hat dieser Abschluss tatsächlich im System bewirkt? Was wurde erledigt und was bleibt bewusst offen? So entsteht emotionale und systemische Klarheit.

  2. Outcome richtet den Blick nach vorn:
    Was soll im nächsten Abschnitt bewusst entstehen? Und was schließen wir aus – inhaltlich wie energetisch? Ohne diesen Fokus droht das nächste Projekt direkt wieder in die Atemlosigkeit zu kippen.

  3. Leverage richtet den Blick auf das, worauf sich weiter aufbauen lässt:
    Welche Ressourcen, Erfahrungen und Strukturen stehen für das Kommende zur Verfügung – gerade auch aus dem vorangegangenen Abschnitt? Was hat sich bewährt? Was darf weiter wirksam sein?

  4. Doing übersetzt all das in konkrete Handlungen – und ebenso bewussst in Nicht-Tun. 
    Es geht nicht um Aktivismus, sondern um klare Prioritäten, die die neue Ausrichtung stützen.Es geht nicht um Aktivismus, sondern um klare Prioritäten, die die neue Ausrichtung stützen. Hier darf auch klar ausgedrückt und entschieden werden, was ab sofort nicht mehr getan wird.

In Verbindung mit bewussten Zwischenabschlüssen entsteht so eine Führungspraxis, die weder im permanenten Tun stecken bleibt noch im Rückblick verharrt.

Abschließen als aktive Führungsleistung

Zur neuen Wahrheit gehört auch: Entscheidungen sind heute oft keine abgeschlossenen Punkte mehr, sondern laufende Prozesse. Sie dürfen, sie müssen sogar kontinuierlich überprüft und eventuell auch angepasst werden. Das relativiert Abschluss nicht, vielmehr differenziert es ihn.

Ein einmal getroffenen Entscheidung bedeutet nicht, dass etwas für alle Zeiten gilt. Er bedeutet, dass es für jetzt gilt und dass die Verantwortung dafür klar ist. Es gilt aber auch, dass eine Entscheidung später geändert oder widerrufen werden kann. Sich darauf einzustellen, macht den Umgang mit dieser Tatsache einfacher. 

Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie dieser Perspektivwechsel in Führung konkret gelebt werden kann:
Neulich meinte eine Kundin von mir, sie habe lernen müssen, ihr Herz nicht so sehr an einzelne Entscheidungen oder Projekte zu hängen. Unvorhergesehene Änderungen sieht sie als „Denkchallenge“, neue Lösungen zu finden. Darüber hinaus denken sie und ihr Team mehr in Szenarien. Damit schaffen sie sich eine grundlegende Voraussetzung dafür, sich auf dem Weg zum Ziel flexibel verhalten zukönnen.

Abschluss ist unter sich stetig ändernden Bedingungen keine Selbstverständlichkeit mehr. Er ist eine aktive Leistung für jede einzelne Person und erst recht für Führungskräfte, die Verantwortung für Teams und Organisationen tragen. Auf diese Weise wird auch im unaufhörlichen Wandel das Gefühl des Abschließens möglich. Das nimmt dem Dauerwandel nicht seine Dynamik – aber es nimmt ihm die Atemlosigkeit.

Wer den Anspruch aufgibt, irgendwann vollständig fertig zu sein, gewinnt die Fähigkeit, immer wieder fertig zu werden. Abschnitt für Abschnitt. Entscheidung für Entscheidung. Und das ist bestätigend wie motivierend zugleich – beides brauchen wir heutzutage mehr denn je!

Wenn du wahrnimmst, dass Entscheidungen, Projekte oder Verantwortungen innerlich offen bleiben und du klären willst, wo ein bewusster Abschluss möglich ist:
Lass uns sprechen.

Im gemeinsamen Gespräch wird oft sichtbar, an welcher Stelle Fertigwerden möglich wird, ohne dass dich die fortlaufende Veränderung fertig macht. 

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Mirjam

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